Die Architektur der Reduktion

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Das Bauhaus feiert 100 Jahre – ein Stil, der eigentlich gar keiner ist

Was hat es denn mit dem Bauhausstil auf sich, der sich eigentlich gar nicht in die klassische Architektur oder Gestaltung einfügen lässt, da er viel zu viele Auslegungen zulässt?

Es handelt sich hierbei vielmehr um verschiedene Stilrichtungen, die aus der Idee des Bauhauses abgeleitet wurden. Dennoch ruft der Begriff heute viele Assoziationen in den Köpfen der Menschen hervor. Der sogenannte Bauhausstil wird gekennzeichnet durch reduzierte kubische Gebäudeformen der klassischen Moderne. Das Motto heißt bei den Bauherren oftmals: Weniger ist beim Bauhausstil mehr!

Kultige Wohnwürfel

Der Bauhausstil geht zurück auf das Jahr 1919, als Walter Gropius das bekannte Staatliche Bauhaus in Weimar gründete. Die Kunstschule lehrte das Kombinieren kunstvoller Gestaltungsideen mit seriellen Produktionsverfahren. Der Bauhausstil weist demnach üblicherweise einen kompakten, kubischen Korpus mit Flachdach und erlesenen individuellen Akzenten auf. Das Ergebnis ist meist ein kultiger Wohnwürfel.

Durch die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert war es möglich geworden, Möbel und Accessoires in Massen herzustellen. Doch ihre Gestaltung blieb der Tradition verhaftet. Möbel aus industrieller Fertigung sahen aus, als wären sie in mühevoller Handarbeit entstanden, waren aber tatsächlich billige Imitate. Gropius forderte nun eine praktische Verknüpfung von Kunst und Massenproduktion, die auf die Herstellungsprozesse abgestimmt war und nicht vortäuschte, etwas anderes zu sein als das, was sie tatsächlich war: kunstvolle Ideen in industrieller Ausführung. So sollten hochwertige Designs allen gesellschaftlichen Schichten zugänglich gemacht werden.

Walter Gropius entwickelte die Ursprungsidee für die Gründung des Bauhauses aus einer Mischung tiefer Niedergeschlagenheit als Folge des verlorenen Krieges und einer glühenden Hoffnung, aus diesen Trümmern etwas Neues aufbauen zu können. Der Name Bauhaus bezog sich auf die Bauhütten des Mittelalters, in denen verschiedene Gewerke zusammenkamen – und so sollten auch an der Schule die verschiedenen Disziplinen gelehrt werden, mit einem Fokus auf dem Handwerk und dem Ziel, alles Überschüssige wegzulassen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.

Die anhaltende Beliebtheit des sogenannten Bauhaus-Stils – besonders hier in Deutschland – gründet in der Geradlinigkeit und Schlichtheit.

Immer noch modern

Noch in der Gegenwart wirkt diese kühle Ästhetik modern und wirkt ausgesprochen klar und schön. Damalige Zeitgenossen, die erstmals einen Blick auf die Häuser und Bauhaus-Gegenstände warfen, waren dagegen eher geschockt und lehnten den sachlichen Stil ab. Wer sich heute in der bebauten Wohnlandschaft umsieht, wird viele Gebäude in quadratischer Form mit klaren Linienverhältnissen finden. Dieser Stil entspricht weitgehend dem traditionellen Bauhausstil, wenn auch etwas moderner abgewandelt. Experten sprechen vom sogenannten Cubus- Stil, der quadratische beziehungsweise rechteckige klare Baustil, der nur sehr selten Rundungen vorsieht. Seit dem Jahre 2000 ist dieser neue Bauhausstil stark im Kommen. Große Fensterflächen, die im ursprünglichen Stil des Bauhauses noch nicht so üblich waren, prägen nun die Bauten und verleihen den Räumen viel Größe. Interessante Varianten ergeben sich außerdem, wenn auf ebenerdigen Baukörpern im Winkel von 90 Grad zusätzliche Baukörper aufgesetzt wurden. Damit entstanden futuristisch anmutende Bauwerke, die durch große Räume und viel Lichteinfall im Inneren geprägt sind.

Klare Architektur

Als Kenner weiß man, dass dem Bauhaus trotz Schlagwörtern wie Funktionalität und Schnörkellosigkeit eine gewisse Sinnlichkeit nicht fehlte. Zwar ist das Bauhaus vor allem für seine klare Architektur bekannt, tatsächlich beschäftigte man sich dort zunächst mit Handwerkskünsten, von der Töpferei bis zur Weberei.
Deswegen stehen auch bunte Teppiche, Keramik, farbenfrohe Gemälde und Plastiken aus Holz in der Tradition des Bauhauses. All diese Gestaltungsbereiche wurden später Bestandteil der Architektur, die bis ins Kleinste, bis in die Seifenschale quasi, durchdacht war. „Das Endziel aller bildnerischen Tätigkeit ist der Bau!“hieß es im Gründungsmanifest des Bauhauses.

Kein Wunder also, dass sich auch nach einhundert Jahren dieser Stil noch immer großer Beliebtheit erfreut. In diesem Jahr mit einem besonderen Jubiläum: 2019 feiert die ebenso legendäre und einflussreiche Kunstschule ihren 100. Geburtstag.